Am 24. März 2025 hat die Europäische Kommission eine delegierte Verordnung zur DORA-Verordnung (EU) 2022/2554 veröffentlicht. Sie konkretisiert die Anforderungen an Finanzunternehmen bei der Weiterverlagerung (Unterauftragsvergabe) von IKT-Dienstleistungen, die kritische oder wichtige Funktionen unterstützen.
Warum ist das relevant?
IKT-Dienstleistungen – insbesondere Cloudlösungen – werden häufig nicht direkt vom beauftragten Dienstleister erbracht, sondern über mehrstufige Lieferketten von Unterauftragnehmern. Diese komplexen Strukturen erschweren das Risikomanagement erheblich. Die neue Verordnung adressiert genau diese Herausforderung – mit klaren Vorgaben für Finanzunternehmen.
Überwachen vs. Steuern: Der Knackpunkt der Regulierung
Bereits am 21. Januar 2025 – nur vier Tage nach DORA-Inkrafttreten – lehnte die EU-Kommission in einem Schreiben den ursprünglichen RTS-Entwurf der ESAs ab. Grund war Artikel 5, der forderte, dass Finanzunternehmen die gesamte IKT-Lieferkette aktiv überwachen sollen.
„Überwachen“ hätte bedeutet: laufendes Monitoring, SLA-Prüfungen, Incident-Management und Audits – auch bei Subdienstleistern, mit denen keine direkten Verträge bestehen.
Fazit der Kommission:
Diese operative Verantwortung liegt nicht beim Finanzunternehmen, sondern beim IKT-Dienstleister – sonst würde der Entwurf über das DORA-Mandat hinausgehen.
Stattdessen gilt nun:
„Steuern“ bedeutet: Das Finanzunternehmen bleibt verantwortlich für das Risikomanagement, muss aber nicht selbst operativ eingreifen. Es muss sicherstellen, dass der IKT-Dienstleister seine Unterauftragnehmer im Griff hat – durch Verträge, Risikoanalysen und Kontrollrechte.
Was müssen Finanzunternehmen konkret tun?
1. Ex-ante-Risikobewertung und Sorgfaltspflichten
Bevor eine kritische oder wichtige Funktion weitervergeben wird, muss das Finanzunternehmen:
Transparenz schaffen über:
- Art und Umfang der Leistungen
- Standort und Gruppenzugehörigkeit des Subdienstleisters
- Länge und Komplexität der Lieferkette
- Art der verarbeiteten Daten
Risiken bewerten, z. B.:
- Informationssicherheit
- Datenverarbeitung im Drittland
- Konzentrationsrisiken
- geopolitische Abhängigkeiten
Sicherstellen, dass der IKT-Dienstleister:
- Subdienstleister selbst effektiv überwachen kann (inkl. Notfallplänen, Auditrechten)
- Relevante Informationen und Änderungen rechtzeitig meldet
2. Vertragsgestaltung
Verträge mit IKT-Dienstleistern müssen eindeutig regeln:
- welche Leistungen weitervergeben werden dürfen
- welche Mitteilungs- und Informationspflichten bestehen
- welche Sicherheits- und Auditstandards gelten
- unterwelchen Bedingungen das Finanzunternehmen kündigen darf
Muss die gesamte Kette aktiv gesteuert werden?
Ja – aber nicht überwacht.
Wenn Unterauftragnehmer IKT-Dienstleistungen für kritische oder wichtige Funktionen erbringen, müssen Finanzunternehmen:
- volle Transparenz über die gesamte Lieferkette sicherstellen
- relevante Risiken im Zusammenhang mit IKT-Dienstleistungen und deren IKT-Lieferkettenidentifizieren, bewerten und steuern
- über wesentliche Änderungen informiert werden und ggf. widersprechen können
- Audit- und Kontrollrechte vertraglich absichern
- bei Risikoüberschreitung den Vertrag kündigen können.
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Fazit
Mit der neuen Verordnung ist klar:
👉 Finanzunternehmen müssen nicht selbst alles überwachen – aber sie tragen die volle Verantwortung dafür, dass ihre Dienstleister es können.
Wer heute seine IKT-Lieferkette strukturiert steuert, Risiken dokumentiert und vertraglich absichert, erfüllt nicht nur regulatorische Pflichten, sondern stärkt auch die digitale Resilienz seines Unternehmens.